Chère lectrice, cher lecteur! Le résumé en français suit la version allemande.
Die unverschämte Zuversicht
Christi Himmelfahrt
Lukas 24,50–53
Schon Friedrich der Große, König von Preußen, stand dem Himmelfahrtsfest ablehnend gegenüber. Für den aufgeklärten und gebildeten Monarchen war dieses Fest mit dem modernen Weltbild schlechterdings nur schwer zu vereinbaren. Christus – eine Art Weltraumfahrer? Ja, wie denn und wohin denn?
Friedrich machte Nägel mit Köpfen. Im Jahre 1773 erwirkte er einen Kabinettsbeschluss, durch den das Fest der Himmelfahrt Christi offiziell abgeschafft wurde. Erst nach Friedrichs Tod wagte man es, das Fest wieder einzuführen. Und so ist es bis zum heutigen Tag ein gesetzlicher Feiertag.
Wir begehen es zwar, aber die Debatte über Sinn und Berechtigung dieses Festes ist bis heute nicht verstummt. Denn die rationalen Vorbehalte, die Friedrich geltend gemacht hatte, sind nach wie vor nicht ausgeräumt.
Wenn ich in das Neue Testament schaue, dann fällt mir auf, dass nur ein einziger Autor von einer Himmelfahrt Christi erzählt. Das ist Lukas, dem wir nicht nur ein Evangelium, sondern auch die Apostelgeschichte verdanken. Niemand anderes spricht von der Himmelfahrt, keiner der übrigen Evangelisten und schon gar nicht der Apostel Paulus, dessen Briefe um vieles älter sind als das Lukasevangelium.
Lukas schildert in der Apostelgeschichte, dass Jesus vierzig Tage nach seiner Auferstehung durch eine Wolke den Blicken der Jünger entzogen worden sei. Im Evangelium gibt sich der Autor etwas wortkarger.
Dort heißt es nur wie folgt:
Lukas 24,50–53
50 Und er führte sie hinaus bis in die Nähe von Betanien. Und er hob die Hände und segnete sie. 51 Und es geschah, während er sie segnete, dass er von ihnen schied und in den Himmel emporgehoben wurde. 52 Sie aber fielen vor ihm nieder und kehrten dann mit grosser Freude nach Jerusalem zurück. 53 Und sie waren allezeit im Tempel und priesen Gott.
Die Jünger Jesu – sie hatten die Enttäuschung ihres Lebens erlebt. Ihm waren sie gefolgt. Er hatte ihr Leben umgekrempelt, er hatte ihnen Zuversicht und Lebensfreude geschenkt. Am Kreuz endete alles für sie. Was danach kam, konnten sie nur schwer glauben: die Auferstehung, von der die Frauen berichteten, wie sollten sie das verstehen?
„Und sie glaubten ihnen nicht“ (Lk 24,11b).
„Petrus wunderte sich über das, was geschehen war“ (Lk 24,12b)
Die Jünger, die nach Emmaus unterwegs waren, sie erkannten ihn nicht, sie hatten nur eine vage freudige Ahnung, dass er es sein könnte. „Bleibe bei uns“ (Lk 24,29).
Die versammelten Jünger in Jerusalem erschraken über sein Erscheinen. Sie meinten, sie sähen einen Geist. (Lk 24,37)
Verstehen wir das? Wir beten es im Glaubensbekenntnis… aber verstehen wir, was wir beten? Oder ist es ein mechanisches Gebet geworden?
„Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes“.
Manches begreifen wir nur in Bildern. Viele Künstler haben sich ein Bild von Christi Himmelfahrt gemacht. Christus in einer Aureole, im Strahlenkranz, den Blick verklärt zum Himmel gerichtet. Emporgehoben von einer Wolke, umgeben von Engeln.
Bilder, weil Menschen Bilder brauchen. Und dennoch. Mit „dem Verschwinden in einer Wolke“ verbinden wir ungute Gedanken: Zurücklassen, verlassen, allein lassen, wegbleiben. Einsamkeit, Enttäuschung, Kälte, niemanden haben.
Wir kennen das Wort von der gottverlassenen Gegend, vom gottverlassenen Ort. Ein Dorf, in dem nur noch die Alten geblieben sind, zurückgeblieben. Resigniert. Die Jungen sind längst auf Jobsuche weggezogen. Der kleine Supermarkt, die Epicérie geschlossen, es lohnte sich nicht mehr. Für die Arztpraxis fand sich kein Nachfolger. Gott verlassen?
Mit Abschied und Trennung hat jeder von uns seine Erfahrung. Verlassen sein ist ein sehr trauriges Gefühl. Wir möchten festhalten. Es soll alles so bleiben, wie es immer war, so vertraut. Alles andere verunsichert. Das Kind sagt: Mama, Papa, ihr dürft mich nie allein lassen!
Der Kranke bittet: Ach, bleib noch ein Weilchen! Und doch wissen wir, so bleibt es nicht! Auch nicht in der Kirche! Neue Lieder, Pfarrermangel, schrumpfende Gemeinden, sinkende Finanzen …
Für uns diesseitige Menschen, die immer wissen wollen, woran sie sind, die immer den Vorhang lüften wollen, ist ein Gott, der in einem fernen Jenseits verschwindet, schwer zu verstehen, vielleicht auch schwer zu ertragen. Wie oft habe ich gehört: Mir ist das alles unverständlich.
Jesus hatte den Jüngern erklärt, wie alles zusammenhängt, und doch verstanden auch sie zunächst wenig.
Und dann geschieht etwas ganz Besonderes. Jesus weiß, dass die Jünger mehr brauchen, um zu verstehen, mehr brauchen, um ihr Vertrauen wieder zu gewinnen.
Jesus segnet die Zweifler und Zauderer, die Skeptischen, die verstehen wollen und doch nicht können. Dieser Segen verändert alles. In den Jüngern geschieht eine Verwandlung. Gesegnet kehren sie voller Freude nach Jerusalem zurück. Kein Abschiedsschmerz, keine Depression, kein Zorn. Das alles können sie hinter sich lassen. Ich glaube, sie hatten nun endgültige Gewissheit, dass sie nichts mehr von ihm scheiden konnte: Keine Angst, keine Zweifel mehr. Deshalb konnten sie ihn auch gehen lassen.
Freudig kehrten sie zurück in ihr Leben. Wir dürfen diese Zuversicht teilen: Jesus geht zum Vater, und zugleich kommt Gott auch zu uns. Trauer hat sich in Freude verwandelt. Gottes Reich ist hier auf Erden, wir können Satelliten ins Weltall schicken, ferne Planeten erforschen, wunderbare Entdeckungen machen, nachts den Sternenhimmel ergriffen betrachten. Aber sein Reich bleibt: hier und dort.
Wir können Gott nicht festhalten. Er ist nicht unser Besitz. Wir brauchen Gott, brauchen ihn, um verantwortlich mit unserem Wissen umzugehen, brauchen seinen Segen.
Und weil Segen nie für sich allein steht, geben wir ihn weiter.
AMEN